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Gast (nicht überprüft)
Brillenunverträglichkeit

Hallo,

ich habe folgendes Problem Da ich in einem chemischen Laboratorium arbeite, ließ ich mir über den Betriebsarzt bei einer großen Firma mit vier Buchstaben, deren Name ich nicht nennen möchte, eine optische Schutzbrille mit folgenden Werten anfertigen. R sph-6,25 cyl-0,75 180° PD 35,0 Lsph-6,75 cyl-0,5 144° PD 35,0. Als das gute Stück dann da war, war der Schreck groß, denn die Brille wurde mit 1,5 Index Kunststoffgläsern bestellt und hatte eine stattliche Randdicke von ca. 1cm. Unter dem Motto „Einen schönen Menschen entstellt nichts“ habe ich diese dann tapfer getragen, bis sich nach 45 Minuten Kopfschmerz und Schwindel einstellten, außerdem war die Fernsicht deutlich unschärfer. Der Trageversuch wurde über drei Tage fortgesetzt, aber nach spätestens 1h mußte ich die Brille wechseln.

Eine Nachmessung der Brille beim Optiker ergab folgende Abweichungen zur Bestellung R PD 33,5 (statt 35) Achse um 3° verdreht L PD 35,5. Der Optiker meinte, die Unschärfe käme von der falschen Zentrierung, der Schwindel wahrscheinlich von der Umstellung von kleinen Hi-Index Gläsern auf die riesig großen 1,5 Gläser.

Die Reklamation läuft, mein Betriebsarzt „spendiert“ mir in der neuen Brille mit hochbrechenden Gläsern.
Nun hätte ich doch noch ein paar Fragen
Gibt es eine offizielle Spezifikation über Fehlergrenzen bei Zylinder und PD beim „Brillenbau“?
Wenn nicht, ab welchen Abweichungen machen sich diese in der Regel wie bemerkbar?
Wird nach der Fertigung der Brille eine Qualitätskontrolle der optischen Werte durchgeführt, oder werden die Werte einmal in irgendwelche Schleifautomaten eingegeben und wenn Mitarbeiter XY das Glas etwas verdreht einspannt ist es passiert (entschuldigt die etwas laienhafte Beschreibung).
Wie genau arbeiten die Meßgeräte zum Nachmessen der Gläser?
Ab welchen Fehlern liegt ein Reklamationsgrund vor?
Ist die Gewöhnung an Gläser mit unterschiedlichem Brechungsindex beim wechselnden Tragen wirklich so Problematisch (habe in meiner Privatbrille Kunststoff 1.7 und in der Sonnenbrille Glas 1.6 und keinerlei Probleme).

Viele Fragen.............., aber ich hoffe auf viele fröhliche Antworten Wink

Viele Grüße,
Stefan

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Verbunden: 31. Dezember 2002 - 0:00

Hallo,
eine Antwort in aller Kürze

"Gibt es eine offizielle Spezifikation über Fehlergrenzen bei Zylinder und PD beim „Brillenbau“? " Ja, die RAL-RG 915.

Jede Brille sollte vor Abgabe kontrolliert werden.
Man kann Brillen genauso gut kontrollieren wie verkaufen, d.h. dpt auf 0,25 genau, Achsen auf 1° genau. Bei der PD kann man streiten, ich behaupte 0,5mm kann man sicher erkennen, bei größeren Genauigkeiten lässt sich streiten.

Mehr einandermal
Gruß Luccy, die hofft schonmal geholfen zu haben

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Verbunden: 31. Dezember 2002 - 0:00

Hallo,
heute abend möchte ich zu meiner Antwort von gestern noch was ergänzen
meines Wissens macht der Umstieg auf ein Glas mit n=1,6/1,7 eher Probleme als der "Abstieg" auf einfachere Glasvarianten.
Ich denke, dass der Schwindel von der verdrehten Achse kommt. Die Kopfschmerzen führe ich auf die falsche PD zurück. Und die undeutliche Fernsicht ist ein Ergebnis aus beidem. Das wäre jedenfall meine Erklärung für die geschilderten Beschwerden.
Und was Reklamationsgrund ist, das sagt die schon benannte "Norm" für fertige Brillen.
Gruß Lucccy

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Hallo Lucccy,

herzlichen Dank für Deine Antworten. Probleme mit dem Umstieg auf hochbrechende Gläser hatte ich in sofern nicht, da ich vorher regelmäßig und exzessiv fast zwanzig Jahre Kontaktlinsen getragen habe und man diese Brille (Index 1,7) im relativ fortgeschrittenen Alter von 34 Jahren als „Erstbrille“ bezeichnen kann (der Umstieg hatte übrigens keinen medizinischen Hintergrund, ich hatte nur das Gefühl, dass ich als doch deutlich kurzsichtiger Mensch, mich doch mal als solcher „outen“ muss und dass ich meiner Hornhaut mal eine längere Pause gönnen sollte). Ich hatte mit dieser Brille eine Eingewöhnungszeit von ca. 2 Wochen, aber eher in Richtung Farbsäume und eingeschränktes Blickfeld. Beim „Abstieg“ auf die großen 1,5er Gläser hatte den Eindruck, viel mehr Möglichkeiten zum „Durchgucken“ zu haben und dadurch auch einen völlig anderen Seheindruck. Kann daher der Schwindel herrühren? Mein Optiker meinte, dass 3° Achsenfehler bei 0,75 Zylinder nicht zu bemerken sei.

Gruß Stefan

Bild des Benutzers Lucccy
Verbunden: 31. Dezember 2002 - 0:00

Hallo.
Hmm. Also das mit dem Abstieg von 1,7 auf 1,5... da hört jetzt mein Wissen auf, dazu habe ich zu wenig Erfahrung.
Zu den Achsentoleranzen
ich habe jetzt mal in meinen Unteragen gewühlt und dann da eine Tabelle gefunden, ich meine aber zu erinnern, daß wir da in der Berufsschule verschiedene Ausdrucksweisen und daher auch zwei Tabellen hatten. Die RAL-RG 915 habe ich leider nicht im Originaltext.

Bei ... dpt ist der zulässige Achsenfehler
0,5 2,5°
1,0 2,5°
zwischen 1,0 und 2,0 nicht definiert der Optiker entscheidet nach Rechnung und eigenem Gewissen (also wäre bei 1,5dpt meine Toleranz 1,825°, da ich das nicht messen kann nehme ich persönlich 1°)
2,0 bis 6,0 1,25°

Daher sehe ich bei einem 0,75dpt Cylinder und 3° verdrehter Achse einen Reklamationsgrund, auch wenn man etwas streiten kann. Leider messen nicht alle Geräte gleich, d.h. ich kenne es bei uns aus der Firma, daß wir da zwei verschiedene Geräte haben und diese haben unterschiedliche Ergebnisse.

Um nochmal auf das Thema Meßgenauigkeit einzugehen
an manchen Meßgeräten kann man auch die Achse auf ein halbes Grad genau sehen (schätzen), da man hier eine Skala hat. Allerdings sind mittlerweile die elektronischen Geräte deutlich weiter verbreitet und die geben nur "ganze" Grad aus. Ich weiss nicht, wie es in der industriellen Fertigung von Schutzbrillen aussieht, ob die evtl. präzisere Geräte als ein normaler Optiker haben.

Erzähl aber bitte, was aus der Sache geworden ist, also der Reklamation und ob Deine neue Schutzbrille dann besser ist.

Gruß Lucccy

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Verbunden: 29. September 2002 - 0:00

Hallo, Laborant

wenn jemand sich an 1,7 er Gläser gewöhnt hat, ist sicher der Umstieg auf 1,5 er Gläser problembehaftet. Es ist nicht nur das größere scharfe Gesichtsfeld, es spielt auch die andere Form der Gläser eine Rolle. Höherbrechende Gläser haben im Allgemeinen eine flachere Grundkurve, dadurch gibt es andere Vergrößerungs-bzw.Verkleinerungswirkungen. Damit ändert sich gerade bei zylindrischen Gläsern das perspektivische Sehen und Schwindel ist möglich. Wir haben den Begriff "Anamorphotisches Sehen" für diesen Effekt.

Gruß
Eberhard Luckas

Viele Grüße

Eberhard

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Gast (nicht überprüft)

Hallo Lucccy,
vielen Dank für Deine ausführliche Antwort. Die Brille ist zurückgeschickt und wird kostenfrei nachgebessert. In 14 Tagen kann ich den nächsten Versuch mit 1.7 Gläsern starten. Ich hoffe, daß dann alles gut geht. Durch Deine und Eberhards Antworten hatte ich gute Argumente für die Reklamation und die Übernahme der Kosten der hochbrechenden Gläser durch meine Firma. Ich finde es toll, daß es Menschen gibt, die ihren Beruf auch als Berufung ansehen und sich hier im Forum engagieren. Über den Erfolg (oder Misserfolg ) mit der neuen Brille werde ich Euch berichten.

Viele Grüße,
Stefan